.

.

.

.

.

.

.

…….. Dieter Glasmacher, dem es in seinen Darstellungen weniger um die Kunst um ihrer selbstwillen als um das Leben in all seiner sogar interkulturell wirksamen zwischenmenschlichen Variationsbreite geht (19), greift gewohnte Sehweisen bewußt auf. 

Dagegen widersetzt sich Reiner Nachtweys intellektuell auf Nachvollziehbarkeit zielende, konzeptionell dies berücksichtigende künstlerische Verfahrensweise der Eindeutigkeit inhaltlich thematischer Wiedererkennbarkeit. Sind deshalb seine fotografischen Arbeiten in die Nähe Informeller Malerei zu setzen? (20) Er möchte doch nur den ihm zur Verfügung stehenden Apparat „mit etwas anarchischer Lust zum Informellen zum Tanzen bringen.“ (21)

Nachtwey, dessen Standort als mit einem Bein im Bereich künstlerischen Arbeitens, mit dem anderen in der Pädagogik stehend zu beschreiben ist (22), trägt mittels seiner Arbeiten zu dem von ihm aufgezeigten Widerstreit im Kräftefeld spontan intuitiver und rational reflektierter Einflußnahmen bei. Er, der unter anderem im Rahmen außerschulischer ästhetischer Erziehung Jugendlicher die Möglichkeiten des scheinbar objektiven Mediums Fotografie in Bezug auf subjektive Aussagequalität hin befragt hat, stellt mit seinen späteren Arbeiten die Fotografie als objektives Wiedergabeinstrument infrage. Anlass dazu bietet ihm die Möglichkeit manipulativen Eingreifens in den fotomechanischen, -chemischen und Vergrößerungsprozeß. Gleichwohl stellen seine Arbeiten noch immer fotografische Ergebnisse von Ereignissen dar. Nur sind diese nicht mehr in der Vorgabe eines Motivs oder Geschehnisses zu suchen, sondern als prozessuales Ereignis künstlerischer Manipulation zu verstehen. In der Durchdringung der Motivschichten mehrerer Negative zu einem Bild wird zweierlei deutlich: Zum einen versucht Nachtwey, dem Moment der Simultaneität zweier möglicherweise zeitlich wie örtlich disparater Vorgänge in dem von ihm gewählten, von seiner Grundlegung jedoch nicht dazu bestimmten Medium Fotografie gerecht zu werden; zum anderen wird die auf fotografischem Wege erzielbare Simultaneität schon zweier örtlich unterschiedlicher Ereignisse durch das Ineinanderkopieren zum gleichzeitig räumlichen Ereignis durch Gleichschaltung differenzierter Räumlichkeit innerhalb eines Bildes. Der Grundgedanke dessen ist nicht neu. Schon früher versuchten sich Künstler darin, der Gleichzeitigkeit von Geschehnissen. durch Darstellung paralleler Aktionen gerecht zu werden.  

Neu bei Nachtwey ist dagegen das Moment der Überlagerung, das neben dem Gedanken an das zeitliche gleichermaßen den an das räumliche Kontinuum aufkeimen läßt. Raum wird von Nachtwey. definiert als Kontinuum zeitgleicher Aktionen. Darin unterscheidet er sich von seinen Vorgängern, die – umgekehrt – den Faktor Zeit als Voraussetzung gleichzeitig, unabhängig voneinander oder — in der Regel – aufeinanderfolgend ablaufender Geschehensprozesse werteten. Seine Verfahrensweise folgt somit einem erweiterten Fotografiebegriff der seine Berechtigung aus der Handhabung der Variationsbreite fotografischer Möglichkeiten zieht.

Nachtweys Versuch der Aufhebung zeit- / räumlicher Kontinuität im Abfolgesinn durch Einführung einer räumlich zeitlichen Simultaneität folgt mit ganz anderen – minimalistischen – Mitteln Wolf Erlbruch. …. (Hans Georg Pfeifer, Auszug aus dem Katalogtext)