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„DRUCKSACHEN DIGITAL“
Museum Bochum // Westdeutscher Künstlerbund
5.5. -1-6-2001
Das Ausstellungsprojekt DRUCKSACHEN DIGITAL zeigt neun Positionen künstlerischer Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten elektronischer Bilderstellung und Bildbearbeitung. Der Titel verweist auf die Verwendung der Maschine ‘Computer’ zur Herstellung von Drucken, die im weitesten Sinn als graphische Medien behandelt werden und den Bereich der ‘klassischen’ druckgraphischen Verfahren erweitern.
Der Einsatz der “neuen Gestaltungsmöglichkeiten der symbolverarbeitenden und sensorische Effekte produzierenden Maschinen” (Florian Rötzer) geschieht bei aller individuellen Verschiedenheit durchaus nüchtern und mit handwerklich-technischer Selbstverständlichkeit. Nicht die futuristische Faszination und der Traum von “künstlichen Paradiesen und elektronischen Freiräumen” (Rötzer), die noch in den ausgehenden 80er Jahren als Aufgabe kritischer Distanz angesichts des ungeheuren Beschleunigungsdrucks der technischen Gegenwart empfunden wurden, lassen sich in den hier vorgestellten Arbeiten finden, sondern ein im alltäglichen Umgang mit den neuen technischen Medien gewachsenes Verständnis für die in ihnen angelegten ästhetischen Qualitäten, Perspektiven und Grenzen.
Die lange als Arbeitstitel fungierende Bezeichnung ‚druckmaschinen‘ betonte diesen technischen Charakter des Hilfsmittels ‘Computer’ zur künstlerischen Bildproduktion und deren technischen Reproduzierbarkeit.
Die fortschreitende Immaterialisierung und Virtualisierung der Realitätserfahrung, die der elektronischen Datenverarbeitung inhärent ist, wird eher spielerisch und zum Teil ironisch hinterfragt.
Reiner Nachtwey bearbeitet Bildmaterial, das die Nato während des Kosovo—Kriegs im Frühjahr 1999 ins Netz stellte, um ihren militärischen Einsatz zu dokumentieren und zu legitimieren. Militärische Ziele vor und nach dem Bombardement oder Belege vermuteter Massengräber werden durch gegenübergestellte Aufnahmen von Aufklärungsflugzeugen oder Satelliten präsentiert.
Reiner Nachtwey verändert die durch das Medium Internet bedingte horizontale Anordnung der Bilder zugunsten einer vertikalen Bildordnung, ansonsten beschränkt sich sein Eingreifen auf wenige Retuschen und das Ausblenden kartographischer Informationen. Vergrößert und vom unmittelbaren Informationskontext gelöst stellen seine Prints Fragen nach Authentizität und Manipulierbarkeit elektronischer Bilder, die vielfach gefiltert, codiert und dekodiert zum Betrachter gelangen: “Ich begleitete den Krieg im Kosovo als Wegelagerer auf dem elektronischen Highway der Bilder und bemerkte dabei, dass zwischen den Bildern nicht nur die Wahrheit über den Krieg verborgen liegt, sondern auch die Wahrheit über das Schicksal fotografischer Bilder“ (Nachtwey)